Darksky
2000, 2005, 2016

Europa Ich habe das Glück auf dem Land zu wohnen. Dennoch ist die zunehmende Lichtverschmutzung auch hier ein Ärgernis. Bisher sah ich keinen Anlass auf meiner Homepage eine gesonderte Rubrik zu öffnen. Nun hat sich die Situation zum Positiven geändert. Anstoß hierzu gab nicht die Einsicht, dass es sich beim ungestörten Sternhimmel um ein Naturdenkmal handelt, sondern ganz einfach die Finanzlage der Gemeinde Auenwald. Wer also bisher aus der Perspektive des Hobbyastromomen und Naturschützers argumentiert hat, sollte seine Position nochmal überdenken. Unter Umständen ist das Geld - oder besser das Fehlen von Geld - ein besserer Verbündeter als der Naturschutzgedanke. Angesichts der steigenden Energiekosten wird sich der Druck aus dieser Richtung mit Sicherheit noch verstärken. Das ist unserer Chance.
In diesem Abschnitt werde ich keine Weisheiten zum Thema "Dark Sky" absondern, weil im Netz an anderer Stelle genügend Informationen verfügbar sind. Ich möchte nur aus der lokalen Betrachtungsweise einer einzigen Gemeinde die Entwicklung darstellen und Anregungen geben am eigenen Wohnort entsprechende Impulse zu geben.
Auenwald damals
Die Gemeinde Auenwald setzt sich aus 11 Dörfern und Siedlungen zusammen. Insgesamt wohnen hier etwa 7000 Menschen. In der Vergangenheit wurde ein Baugebiet (Wohngebiete und Gewerbegebiete) nach dem anderen ausgewiesen. Jedes Mal wurde die Anzahl der Straßenlaternen und Werbeflächen auf und an Betriebsgebäuden mehr.
Beispiel 1: Ein befestigter landwirtschaftlicher Weg, der auch von Fahrradfahrern und Fußgängern benutzt wird, bekam eine Beleuchtung. Tatsächlich befinden sich dort in der Nachzeit nur vereinzelt Spaziergänger, die vor dem Schlafengehen noch mal ihre Hunde ausführen. Mit hohen Investitions- und Betriebskosten wurden ein geringes bis gar nicht vorhandenes Problem gelöst. Der Himmel nördlich meiner Sternwarte wird aber deutlich beeinträchtigt.
Beispiel 2: Im neuen Gewerbegebiet "Anwänder" siedelten sich nach langem Zögern Betriebe an, die auch während der gesamten Nachtzeit ihre Werbeflächen beleuchten. Der Supermarkt NORMA beleuchtete nicht nur sein Logo sondern auch den ganzen Parkplatz, den in der Nacht niemand braucht. Nachdem ich die Verschwendung über mehrere Wochen beobachtet hatte, wollte ich den Marktleiter auf diesen Umstand ansprechen, als plötzlich das Licht ausging. Offenbar ging dem Betreiber selbst ein Licht auf und er entschied Strom und damit Geld zu sparen. Andere sind noch nicht auf den Trichter gekommen. 
Baden-Württemberg
Im Jahr 2000 entwarf Baden-Württemberg einen Umweltplan, der sich neben dem klassischen Naturschutz zum Schutz der Nachttiere (Falter und Vögel) auch mit den Bedürfnissen der Astronomen beschäftigt.
Zitat: "Die zunehmende Zersiedelung der Landschaft und die Möglichkeit, mit Licht zu werben, ziehen weitere nächtliche Belästigungen durch Lichtquellen nach sich, die z.B. die Beobachtung des Nachthimmels erheblich erschweren."
Diese Formulierung hat sich bis in die Fassung von 2004 des Umweltplans durchschlagen können. Bei der Zielsetzung machte die gute Idee aber schlapp. Außer einer wagen Absichtserklärung ist dort nichts mehr zu finden.
Zitat: "Die Landesregierung wird darauf hinwirken, dass die Belastungen für Mensch und Umwelt durch nächtliche Lichtquellen reduziert werden."
Die Maßnahme zur Minimierung der Lichtbelästigung klang damals aber schon wieder positiver:
Zitat: "Hierzu muss in erster Linie die Beratung und Information von Planern, Verwaltungen und Betrieben über die Möglichkeiten einer sparsamen und umweltverträglichen Beleuchtung verstärkt werden. Im öffentlichen Bereich soll die Ausleuchtung von Straßen und Wegen an die Nutzungsintensität und verkehrsarme Nachtstunden angepasst werden. Die Landesregierung wird prüfen, inwieweit Grundsätze einer umweltverträglichen Beleuchtung bei der Förderung der Erschließung neuer Baugebiete berücksichtigt werden können."
In der Fassung von 2007 ist von all den Absichtserklärungen keine Spur mehr zu entdecken. Das Land scheint das Kapitel Lichtverschmutzung abgeschlossen zu haben oder überlässt es den Gemeinden eigene Programm zu entwerfen.
Rems-Murr-Kreis
Am 23.06.2005 lud der Landrat zu einer Veranstaltung zum Thema "Erwachsenenbildung" ein. Dort hatte ich erstmals die Chance mit dem frisch gewählten Bürgermeister unserer Gemeinde zu sprechen. Ich klagte über die zunehmende Lichtverschmutzung in unserem Dorf. Ich war ziemlich erstaunt als Herr Ostfalk mir eröffnete, dass in Kürze der Gemeinderat über eine Nachtabschaltung beraten wird. Damit sollen die Stromkosten deutlich gesenkt werden. Ich war gespannt, welche Endscheidung beschlossen werden würde, weil ich mit heftigem Widerstand rechnete. Ich konnte immerhin darauf hinweisen, dass die Gemeinde Spiegelberg schon seit Jahren nachts die Straßenbeleuchtung abschaltet.
Auenwald 2005
Wie ich der Backnanger Kreiszeitung von 28.09.2005 entnehmen konnte, war es auf der Gemeinderatssitzung vom 26.09.2005 dann so weit. Nach einer sehr lebhaften und kontroversen Diskussion hatte man sich mehrheitlich zu einer Nachtabschaltung durchgerungen

In Auenwald werden während der Sommerzeit zwischen 0:30 Uhr und 4:30 Uhr und
während der Winterzeit zwischen 0:30 und 4:00 die Straßenlampen abgeschaltet.


Die Gemeinde rechnet dadurch ca. 13 000 € zu sparen. Nun spekuliere ich darauf, dass dieser Beschluss Nachahmer findet und die Astronomen der Umgebung Bedingungen vorfinden, von denen sie bisher nur träumen konnten

Im Moment werden die Straßenlaternen entsprechend der Straßenverkehrsordnung gekennzeichnet und dann wird es ernst.
Geld und Energie gespart

Am 29. September 2008 berichtete der Bürgermeister in der Gemeinderatssitzung über das Ergebnis der Nachtabschaltung. Die Backnanger Kreiszeitung druckte dann nachstehenden Bericht am 01.10 08 ab:

STADT UND KREIS

Das Licht strahlt bereits ab 4 Uhr
                                                      01.10.2008

Auenwald (wa) – Die Straßenlaternen im Ort sollen etwas früher eingeschaltet werden, und zwar ab 4 Uhr. Für diese Regelung sprach sich der Gemeinderat mehrheitlich aus.

Damit will man einem dringenden Wunsch der Zeitungsausträger nachkommen, die bei Wind und Wetter schon in den frühen Morgenstunden unterwegs sein müssen. Die in jüngerer Zeit gemeinsam mit der Süwag Energie AG vorgenommenen Optimierungen bei den Einschaltzeiten und die Investitionen in zeitgemäße Technik zahlen sich nach Angaben der Gemeindeverwaltung aus. Der Stromverbrauch hat sich spürbar reduziert. Bürgermeister Karl Ostfalk sprach von Einsparungen von 15000 bis 20000 Euro pro Jahr. 2007 waren 259000 Kilowattstunden Strom für die Straßenbeleuchtung verbraucht worden, zwei Jahre zuvor waren es noch 506000 Kilowattstunden gewesen.


Der Stromverbrauch hatte sich also fast halbiert, ohne dass es zu einer Comforteinbuße kam. Wegen dem verständlichen Bedürfnis der Zeitungsausträger hatte ist man dann mit einem früheren Einschalten nachgekommen.

Und so sieht der Blick von meiner Sternwarte aus
22.05.09

Auenwald bei Nacht
Auenwald mit kompletter Straßenbeleuchtung bis 00:30 Uhr

Auenwald bei Nacht 2
Auenwald nach 0:30 Uhr. Nur noch einige private Beleuchtungen sind zu sehen

Eine Wende 2016
Im Jahr 2016 unter nahm die Gemeinde einen weiteren Schritt, der einen dunkleren Himmel versprach. Wieder waren es die Kosten, die den entscheidenden Impuls gaben. Viele (nicht alle) Straßenlampen wurden auf LED-Technik umgerüstet. In einer Nebelnacht nutzte sich die Gelegenheit, den Strahlenverlauf sichtbar zu machen.

Natriumdampf
Die Natriumdampflampen erhellen die Straßen, aber gleichzeitig blendeten sie auch, was auch im Sinne der Verkehrssicherheit nicht wünschenswert ist.

LED Technik
Durch den Nebel kann sehr deutlich die Wirkung der LED-Technik sehen. Das Licht ist auf den Boden gerichtet und der Himmel darüber bleibt nahezu schwarz. Für den herannahenden Autofahrer bleiben ab einem Mindestabstand die Leuchtkörper fast unsichtbar, weshalb sie auch nicht blenden können. Der Effekt ist ein entspanntes Sehen bei Dunkelheit und für uns Astronomen einen ungestörten Blick auf die Sterne.