"Mir gebbet nix!"
Der Weg zu einer eigenen Beobachtungshütte
Ich habe das Glück im ländlichen
Raum zu wohnen. Die Altersstruktur der Bevölkerung führt dazu, dass
viele „Stickle“ von den alten Besitzern nicht mehr gepflegt werden können.
Die Söhne und Töchter wohnen nicht mehr in der Gegend, sind beruflich
eingespannt oder haben einfach keine Lust, riesige Wiesen zu mähen und
im Herbst tonnenweise Äpfel aufzulesen. Unter diesen Umständen kann
es nicht so schwer sein, ein Grundstück zu finden, so dachte ich.
Mein
Optimismus erhielt ganz schnell einen Dämpfer. Eine Eigenart der meisten
Schwaben ist es Dinge zu besitzen. Wer einmal im Jahr ein Scheit Holz aus dem
Wald holt, leiht sich keinen Anhänger, sondern kauft sich einen. Verliehen
werden Gegenstände nur an Familienangehörige und an Schwaben mit Stammbaum
bis zum 30-jährigen Krieg. Ein typische Spruch zu diesem Thema ist: „Meine
Frau kann ich dir leihen, aber nicht meinen Rasenmäher“.
Trotz meiner Schwäbischen Vorfahren (bis
zum 30-jährigen Krieg nachgewiesen!) werde ich auf Grund meiner hochdeutschen
Aussprache mit badischer Färbung sofort als „Neig‘schmeckter“ identifiziert.
Der Kauf eines Grundstückes
- meist von der Größe eines halben Fußballfeldes - kam wegen
der Kosten nicht in Frage. Trotzdem hab ich mir einige angeschaut.„Fahret Se mir nach, i zeig Ihne, wo des Stickle
ist.“ Herr A. ist Nachbar und fährt eine Auto, auf das eine Zuhälter
in L.A. bestimmt scharf wäre. Brav fuhr ich hinter dem Edelschlitten mit
meiner alten, aber zuverlässigen Familienschaukel her. Ich glaube kurz
hinter dem Ural ist es rechts eingebogen, hat Sibirien gestreift und hielt dann
auf der Rückseite am Mount Everest an.
Was, schon da?
Wir stiegen beide aus unseren Fahrzeugen und
voller Stolz präsentierte der Besitzer sein Grundstück mit "leichter"
Hanglage.
„I weiß, ’s is e bissel steil. Als I
die Wies mol gmäht henn, hat sich mei Balkemäher mal rückwärts
überschlage. I konnt grad no wegspringe. Dann is er den Berg nundr saut
und hat a kloine Hitte zammegschage. Dem Mäher is nix bassiert, aber die
Hütte war halt platt. Wenn Se des Stückle kaufet, müsse Se die
Wies ehe nur oimal pro Jahr mäh. Do macht des nix.“
Geschichten haben die Schwaben eine Menge drauf.
Das muss ich zugeben.
„Tut mir leid“, erwidere ich höflich,
wobei mein Blick versuchte das Ende der Baumwiese auszumachen, „Wie ich Ihnen
bereits erzählte, suche ich einen Standort für eine kleine Hütte
als Sternwarte, die vielleicht 30 Quadratmeter benötigt.“
Das wurde natürlich nichts.
Die Verkaufs- und Verpachtangebote aus der
örtlichen Presse waren immer zu teuer und meistens an steilen Hängen
gelegen, wo ich mich nicht trauen würde die Wiesen zu mähen. Nur Ziegen
kommen dort zum Pflegeeinsatz in Frage, was übrigens auch ein Käufer
tatsächlich machte.
Einen neuen Zugang versuchte ich über
einen ansässigen Landwirt, der mir sehr freundlich weiterhalf, indem er
mir die Besitzer der Grundstücke nannte, die für mein Unternehmen
in Fragen kamen. Meine telefonischen Kontaktaufnahmen verliefen ausnahmslos
negativ.
„Nee, i mach uff dem Stickle nix mee. Aber
vleicht im nächste Jahr ode irgendwann.“
„I krieg Stilllegepräme vom Landwirtschaftsamt.
Des derf i nett verpachte, sonst krieg i e Strof.“ (Man muss es nur dem Amt
anzeigen und bekommt dann 40 Cent (!) weniger Prämie)
Offenbar komme ich auf diesem Weg nicht weiter.
Ich brauche eine neue Idee.
Ich bin in der lokalen Ortsgruppe des Naturschutzbundes
aktiv. Das wollte ich mir zu Nutze machen. Tatsächlich erhielt ich dort
zügig Hilfe. Ein Gemeinderatsmitglied, Herr B., den ich auch persönlich
kannte, besaß gute Kontakte zu den umliegenden Bauern. An einem Wochenende
fuhren wir schließlich gemeinsam zu einer Auswahl von Standorten, die
für mich zur Diskussion standen. Da er wusste, wem was gehörte und
die Besitzer auch persönlich kannte, konnte er sehr gut abschätzen,
von wem ich Unterstützung erwarten konnte. Am Ende blieb ein Kandidat übrig,
mit dem mein Mittelsmann Kontakt aufnahm. Sie sind alte Bekannte.
Jetzt gingen
2 Wochen ins Land, bis sich die beiden am sonntäglichen Stammtisch getroffen
und bei einem Bier die Sache ausdiskutiert hatten. Schließlich hatte ich
die Zustimmung, auf der Ecke einer Viehweide meine Beobachtungshütte zu
errichten. Ich konnte mich an die Arbeit machen, einen Pachtvertrag zu verfassen.